Gefährlich! Schädlich! Gedrückt! Es ist ungesund die Bruststimme so hoch zu nehmen! Emotionen schlagen hoch, wenn es um Belten geht. Aber bei diesem Brüller ging es gar nicht um Belten. Nein, dieser Aufschrei war an den Operntenor gerichtet, der vor fast 200 Jahren als erster ein hohes C in der Bruststimme sang. Der neue Klang war so ungewohnt hässlich – so unerwartet vulgär -, dass der Komponist Gioachino Rossini, in dessen Opern wiederholt hohe Cs für den Tenor vorkommen, das bruststimmige hohe C mit dem Schrei eines kastrierten Hahns, während ihm die Kehle durchgeschnitten wird, verglichen haben soll.
Ja, der französische Tenor Gilbert Duprez stellte die Opernwelt auf den Kopf, als er 1837 der Arie in Rossinis Wilhelm Tell „männliche Akzente“ geben wollte, und ein hohes C – in Ermangelung einer besseren Bezeichnung – beltete! Seine Entscheidung sprechähnliche Textnutzung und das „Do di petto“ (C in Brust) in den traditionellen Belcanto Singstil des mittleren 19. Jahrhunderts einzubringen, war ziemlich radikal. Es war ein Angriff auf die Tradition und führte so ganzheitliche Veränderung herbei.
Es überrascht nicht, dass diese brustigere Version des hohen Cs schnell Befürworter fand, sowohl unter dem Publikum, das seine Intensität feierte, als auch unter den Tenören, die seine leidenschaftliche Qualität liebten. Das musikalische Crescendo und die dramatischen Höhepunkte, welche ein hohes C generell begleiten, wurden durch die pure Körperlichkeit seiner Entstehung gleichermaßen gut bedient.
Trotz seines schweren Startes überlebte das „Do di Petto“, verbreitete sich, und die Gesangswelt wurde für immer verändert.
Es erwies sich als idealer Träger für die extremen Emotionen, die in theatralischem Singen üblich sind: Freude, Ängste, Leiden, Wunder und Sehnsucht. Ja, brustbasierter Gesang im oberen Stimmumfang war (und ist noch Heute) für Musik, Theater und Emotionen ein perfekter Begleiter, aber vor allem wurde das Publikum durch Meisterleistungen stimmlicher Akrobatik und Kühnheit ein für alle Mal bezaubert.
War Gilbert Duprez der erste Belter? Das ist weitgehend eine Frage der Semantik. Aber durch ihn wurde auf jeden Fall ein Wandel in Gang gesetzt, der sich durch viele Gesangsbereiche zog und eventuell das Belten hervorrief. Duprez und seine Nachfolger, inkl. einige der weltbekanntesten dramatischen Tenöre, haben – oder hatten – maßgeblich zu dem Phänomen, das heute als Belten bekannt ist, beigetragen.